Himmelsfreuden – Teil 15

Quelle
„The Happiness of Heaven“ von Fr. J. Boudreau S.J.

Wird das Wissen, dass einige unserer Lieben verloren sind, unser Glück im Himmel schmälern?

Dies ist eine schwer völlig zufriedenstellend zu beantwortende Frage aufgrund unserer instinktiven Gefühle der natürlichen Zuneigung, die aufsteigen und die wie ein Nebel unser Urteil verdunkeln. Nichtsdestoweniger wird die Schwierigkeit dieses Themas durch die folgenden Betrachtungen wesentlich verringert und sogar schnell aus den Gedanken von einigen entfernt.

1.
Unser Glück, auch in dieser Welt, hängt nicht vom Schicksal derer ab, die durch Verwandtschaft oder Freundschaft mit uns verbunden sind. Dies gilt besonders dann, wenn deren Unglück von ihren eigenen Missetaten herrührt. In einem solchen Fall verhängen wir die Strafe sogar selbst und sind zufrieden, wenn wir sie entsprechend ihrer Verfehlungen leiden sehen.

So verbannt ein Vater zum Beispiel einen Sohn oder eine Tochter aus der Hausgemeinschaft, wenn er oder sie eine Tat begangen hat, die Schande über die Familie brachte. Und mehr noch, die ganze Familie bestätigt dieses schreckliche Urteil. Die Anwesenheit dieses Sohnes oder dieser Tochter ist für das Glück der Familie nicht mehr länger notwendig.

In einem anderen Fall verbannt ein Ehemann seine untreue Ehefrau, die er zuvor wie sein eigenes Leben geliebt hatte, aus seiner Gegenwart. Während sie ihm treu war, schien es ihm, dass er ohne sie niemals glücklich sein könnte; doch jetzt ist ihre Gesellschaft zu einem Hindernis für sein Glück geworden. Deshalb muss sie gehen und allein in ihrer Schande leben. Es ist eine gerechte Strafe für ihre Untreue.

Wenn das in dieser Welt schon der Fall ist, warum sollte es im Himmel anders sein? Diejenigen von uns, die in Sünde sterben, werden vor Gott in Schande erscheinen. ER verleugnet sie als unwürdige Kinder oder vergleicht sie mit untreuen Ehepartnern und verbannt sie als solche aus dem Reich der Herrlichkeit; und wir werden zweifellos Seine gerechten Urteile bestätigen. Bis dahin wird ihr Elend in dieser gegenwärtigen Welt, welches das Werk ihrer eigenen Hände ist, unseren Frieden stören oder unser Glück beeinträchtigen.

2.
Im Himmel werden wir Jesus Christus ähnlich sein, denn wir werden Ihn so sehen, wie Er ist.

1.Johannesbrief Kapitel 3, Vers 2

Geliebte, (schon) jetzt sind wir Kinder Gottes, und es ist noch nicht offenbar geworden, was wir (dereinst) sein werden. Wir wissen jedoch, dass, wenn diese Offenbarung eintritt (eingetreten sein wird), wir Ihm (dem auferstandenen Jesus Christus) gleich sein werden; denn wir werden Ihn sehen, wie Er ist.

Diese Transformation ist, wie wir bereits gesehen haben, die Auswirkung der „glückseligen Vision“, bei der wir nach der Entrückung Gott von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen. Durch diese glorreiche Vision und die dabei erfolgende Vereinigung mit Gott werden wir an allen Attributen Gottes teilhaben, die auf eine vernunftbegabte menschliche Natur übertragbar sind.

Eine dieser Eigenschaften ist Gerechtigkeit – das heißt, die Fähigkeit zu urteilen, genauso wie Gott es tut, ohne Leidenschaft, Vorurteil oder irgendwelche anderen Motive, die unsere Urteile in dieser Welt vorschnell, ungerecht oder parteiisch gemacht haben. Wir werden nicht nur mit der Macht des gerechten Urteilens bekleidet sein, sondern wir werden damit auch den Wunsch haben, dass jeder nach seinen Werken belohnt oder bestraft wird. Und wir werden vollkommen zufrieden sein, wenn wir sehen, wie das gerechte Urteil anschließend in Kraft tritt.

Schon jetzt besitzen wir dieses Attribut sowie andere, die uns zu lebendigen Ebenbildern des Allerhöchsten machen. Aber unser Gerechtigkeitssinn ist noch weit davon entfernt, vollkommen zu sein; denn unsere Gefühle, privaten Interessen und Leidenschaften verzerren unsere Urteile und kehren sie sogar zuweilen um, nachdem wir eine gerechte Maßnahme ergriffen hatten.

Angenommen Du hörst zum Beispiel von einem Mann, der einen vorsätzlichen Mord begangen hat. Du bist entsetzt über diese grausame Tat und sprichst ohne Zögern das Urteil über diesen Mann aus. Dein Urteil lautet, dass er auf dem elektrischen Stuhl sterben soll oder dass er zumindest für den Rest seines Lebens seiner Freiheit beraubt und zu Zwangsarbeit verurteilt wird. Doch kaum hast Du diesen gerechten Satz ausgesprochen, als Du zu Deinem Schrecken herausfindest, dass der Mörder Dein eigener Vater ist! Was für eine Veränderung wird dieser eine Umstand in Deinem Urteil hervorrufen!

Wenn Du von liebevoller Natur bist, wirst Du alles in Deiner Macht Stehende tun, um Umstände zu finden, die seine Schuld mindern oder beschwichtigen können; und vielleicht gelingt es Dir sogar, ihn in Deinen Augen völlig unschuldig erscheinen zu lassen; und so wird Dein erstes Urteil völlig umgekehrt. Was hat nun Dein erstes Urteil verändert? Ist es Dein tiefer Gerechtigkeitssinn? Überhaupt nicht. Deine instinktiven Liebesgefühle für Deinen Vater haben Dich verblendet und es Dir unmöglich gemacht, seinen Fall gerecht und nach den Fakten und Beweismitteln zu beurteilen.

Der Auszug aus dem Artikel endet hier. Lesen Sie den gesamten Artikel als PDF.