Warten auf Jesus Christus – Teil 25

Wer gehört zum Leib Christi? – Teil 9

Als Basis dient der Artikel „Erleuchtet und doch abgefallen?“ von C. H. Sunier

6.3 Heilsverlust als Faktum

6.3.1 Der Abfall des Franz Spira

John Bunyan erwähnt in „Grace abounding“ (Gnadenfülle) einen Franz Spira, der die Wahrheit erkannt hatte, dann aber unter dem Druck der Inquisition seinen Glaubensüberzeugungen, die er dann „Irrtümer“ nannte, abschwor und danach in allergrößte Verzweiflung fiel. Nach unbeschreiblicher Seelenqual verstarb Spira wenige Monate später ohne aus diesem erbarmungswürdigen Zustand entfliehen zu können. Möglicherweise wäre ihm noch zu helfen gewesen, wenn er rechtzeitig einen geeigneten Seelsorger zur Seite gehabt hätte. So aber blieb er seiner tiefen Verzweiflung überlassen und vermochte die Gnade nicht noch einmal zu ergreifen.

Vermutlich in Anspielung an auf Spira kommt im „Hause des Auslegers“ in seinem Buch „Die Pilgerreise“ ein Verzweifelter vor, der in einem eisernen Käfig sitzt und nicht hinaus kann. Auf die erstaunte Frage des Pilgers antwortete dieser Mann: „Ich war ehemals in meinen und auch anderer Leute Augen ein eifriger Bekenner der göttlichen Wahrheit. […] Jetzt bin ich ein Mann der Verzweiflung, in Verzweiflung gebannt, wie in diesen eisernen Käfig. Ich kann nicht hinaus, ach, ich kann nicht mehr hinaus!“

So etwas auch nur zu hören ist einfach furchtbar! Ein Gutes bewirkte dieser tragische Fall trotzdem: Aufgeschreckt durch das beklemmende Lebensende von Spira wurde Pietro Vergerio (1497-1565) – der später in Graubünden als reformierter Pfarrer tätig war – gläubig. Anstelle eines unbrauchbar gewordenen Gefäßes entstand dem HERRN in Vergerio ein „Gefäß der Begnadigung“ – Gott zur Ehre.

Römerbrief Kapitel 9, Verse 22-23

22 Wie aber, wenn Gott, obgleich Er Seinen Zorn offenbaren und Seine Macht an den Tag legen will, doch die Gefäße des Zornes, die zur Vernichtung hergestellt sind (für den Untergang oder zum Gericht reif waren), mit großer Langmut getragen hat, 23 um zugleich den Reichtum Seiner Herrlichkeit an Gefäßen des Erbarmens zu erweisen, die Er zur (Teilnahme an Seiner) Herrlichkeit zuvor bereitet hat?

6.3.2 Der Glaubensverlust von Friedrich Engels

Friedrich Engels (1820-1895) – seit 1844 ergebener Mitstreiter und bald einmal engster Vertrauter von Karl Marx – wuchs in einer dem Pietismus nahestehenden Familie als Sohn eines Barmener Textilfabrikanten auf. Als junger Mensch verfasste Engels ergreifende christliche Gedichte.

Um 1837 – zu Beginn seines anbrechenden Kampfes mit den Dämonen – schrieb er die bewegenden Worte:

„HERR Jesu Christe, Gottes Sohn, O steig herab von Deinem Thron und rette meine Seele! O komm mit Deiner Seligkeit, Du Glanz der Vaterherrlichkeit, Gib, dass ich Dich nur wähle. Lieblich, herrlich, ohne Leid ist die Freude, wenn dort oben, wir Dich, unseren Heiland loben!“

Wir wissen nicht, ob Engels geistig wiedergeboren war. Vermutlich war er es nicht. Als erleuchtet dagegen kann man ihn – ungeachtet seiner aufkommenden Glaubenszweifel – durchaus bezeichnen. Irgendwann aber wurde Engels durch ein Buch des liberalen Theologen Bruno Bauer die giftige Saat des Zweifels in das noch unbefestigte Herz gestreut. Bauer, der in den Anfängen seiner Laufbahn in konservativer Weise die lutherische Theologie gegen Evangelien-Kritik von David Friedrich Strauß verteidigt hatte, wandelte sich aber in wenigen Jahren zu einem der schlimmsten Kritiker der Wahrheit. In einem Brief an Arnold Ruge vom 6. Dezember 1841 schrieb er u.a.:

„Mein Geist der Lästerung ist erst zufrieden, wenn ich die Erlaubnis bekomme, öffentlich als Professor eines atheistischen Systems zu predigen.“

In der Mitte des 19. Jahrhunderts waren zahlreiche zerstörerische Geister am Werk. Nebst Bauer dürften die Philosophie Ludwig Feuerbachs und die Ideen von Friedrich Schleiermacher – dem Begründer der modernen Hermeneutik – eine Rolle bei der Auflösung von Engels pathetischem Jugendglauben gespielt haben. Schritt um Schritt entfernte sich Engels in den für seine weltanschauliche und geistige Ausrichtung entscheidenden Jahren in Bremen – wo er seit 1838 im Kontor eines Patriziers eine kaufmännische Ausbildung absolvierte – vom pietistischen Gedankengut, das ihn derart intensiv beschäftigt hatte. In Bremen las Engels auch das Glauben zersetzende Buch „Das Leben Jesu“ von David Friedrich Strauß.

Im April 1839 schrieb Engels seinem einstigen Schulkameraden Friedrich Graeber – der sich zu dieser Zeit im Theologiestudium befand – in saloppem Stil:

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