Durch die enge Pforte auf den schmalen Weg – Teil 70

Die Tyrannei des Selbst

von Wayne Jacobsen

In den letzten Jahren hat Gott jede Vorstellung über Ihn und alles, was ich
von meinem Leben erwarte, extrem herausgefordert. Es ist das Beste überhaupt! O ja! Was der Vater in mir bewerkstelligt hat, ist viel besser, als was ich selbst je zustande gebracht hätte.

Mein Leben war alles Andere als die Erfüllung der Träume, die ich einmal hatte. Die letzten Jahre waren geprägt von einer Reihe schmerzlicher Umstände, die ich um jeden Preis vermieden hätte, hätte es in meiner Macht gestanden. Und dann gab es eine Anzahl enttäuschter Hoffnungen, von denen ich geglaubt hatte, dass sie nicht nur in meinem, sondern auch in Gottes Sinn gewesen waren. Doch keines dieser Dinge zählt heute noch.

Irgendwie hatte Gott mich mitten durch diese Schwierigkeiten zu einem tieferen Frieden gebracht. Was auf meiner geistlichen Reise für lange Zeit eine Quelle großer Frustrationen gewesen war – nämlich, dass Gott nicht so tickte, wie ich das wollte – war in Seiner Hand das Werkzeug der Befreiung von der schlimmsten Gebundenheit überhaupt geworden. Ich wollte, dass Er mich zufrieden machen würde; Er aber setzte mich von dem Verlangen nach Befriedigung meiner selbst frei. Schwierige Umstände und Enttäuschungen wurden die Brutkammer, in der Gott mich lehrte, meine eigenen
Erwartungen für mein Leben loszulassen und die Seinen anzunehmen.

Heute schaue ich voller Ehrfurcht zurück. Trotz meiner größten Anstrengungen, in die gegenteilige Richtung zu gehen, zog Gott mich unbeirrbar zu sich selbst. Was Er in mir veränderte; die Leute, die Er in mein Leben brachte; die Führung, die mir zuteil wurde und die Türen, die Er öffnete, um Seine Wirklichkeit mit Anderen zu erleben, das alles geht weit über das hinaus, was ich mir je hätte ausdenken können. Heute lebe ich das Leben in Ihm, nach dem ich mich immer gesehnt habe, wenn ich die
Schrift las, wie sie über Seine Wirklichkeit spricht.

Auf dem Weg dorthin versuchten viele mich davon zu überzeugen, dass ich zu idealistisch wäre. Sie sagten mir, eine solche Beziehung, wie ich sie ersehnte und eine solch tiefe Gemeinschaft mit anderen Christen, nach der ich hungerte, seien in diesem Zeitalter der gefallenen Menschheit einfach nicht möglich. Sie mögen Recht haben, wenn man die Lösung bei der gefallenen Menschheit sucht – und ganz besonders, wenn man auf sich selbst schaut. Aber Gott hat Möglichkeiten, diese Beziehung in jedem von uns zu schaffen, wenn wir Ihn nur darum bitten.
Die größte Tyrannei in unserem Leben kommt nicht durch Gesetzlichkeit, Tradition und religiöse Verpflichtungen, die in unserer Zeit so verbreitet sind. So bedrückend diese auch sein mögen, ist es doch ein weit schlimmerer Despot, der uns von der Tiefe der Gemeinschaft mit dem Vater und der Freude daran fernhält: Unser Selbst bzw. unser Ego.

Wir können von allen anderen Mächten frei werden und doch gefangen sein von dem, was am schlimmsten von allem ist. Immer wieder habe ich es gesehen. Das Schreiben über die Dinge, die Gott mir gezeigt hat, bringt mich mit vielen Leuten zusammen, die entdeckt haben, wie viel Gebundenheit organisierte Religion mit sich bringt. Während eine lebendige Beziehung mit dem lebendigen Gott versprochen wird, bekommt man meist nur ein Programm von Verhaltensregeln, welches einen leer, manipuliert und desillusioniert zurücklässt. Zu erleben, wie Gott Menschen von dieser Bindung befreit, ist eine schöne Sache. Dennoch gilt: Freiheit von diesen Dingen zu finden, ohne auch Freiheit von der Tyrannei des Selbst zu erleben, wird die Bindung an das Ego nur noch vergrößern.

Paulus warnt die Galater, wie sehr das stimmt.

Galater Kapitel 1, Verse 6-10

6 Ich muss mich darüber wundern, dass ihr so schnell wieder abfallt (= euch abbringen lasst) von dem, der euch durch die Gnade Christi berufen hat, und euch einer anderen Heilsbotschaft zuwendet, 7 während es doch keine andere (Heilsbotschaft) gibt; nur dass gewisse Leute da sind, die euch verwirren und die Heilsbotschaft Christi (oder: von Christus) verkehren (= verfälschen) möchten. 8 Aber auch wenn wir selbst oder ein Engel aus dem Himmel euch eine andere Heilsbotschaft verkündigten als die, welche wir euch verkündigt haben: Fluch über ihn!

9 Wie wir es schon früher ausgesprochen haben, so wiederhole ich es jetzt noch einmal: »Wenn jemand euch eine andere Heilsbotschaft verkündigt als die, welche ihr (von mir) empfangen habt: Fluch über ihn!« 10 Suche ich jetzt nun (mit solcher Sprache) den Beifall von Menschen zu gewinnen oder (nicht vielmehr) die Zustimmung Gottes? Oder gehe ich etwa darauf aus, Menschen zu gefallen? Nein, wenn ich mich noch um das Wohlgefallen von Menschen bemühte, so wäre ich kein Knecht (= Diener) Christi.

Unsere schlimmste Abhängigkeit ist aber nicht die von Menschen oder Systemen, sondern die von unserem Selbst. Und das besonders Tückische daran sind nicht die offensichtlich sündigen Gelüste des Fleisches, sondern die Absichten, die wir für völlig in Ordnung halten. Der Versuch, Gott dazu zu bringen, zu tun, was ich für mich gut und richtig finde, hat mich viel schlimmer getäuscht, als wenn es sich um Versuchungen zu eindeutigen Sünden gehandelt hätte.

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