Geistlicher Höhenblick – Eine Bestandsaufnahme zur derzeitigen Welt-Situation – Teil 72

Neue Entwicklungen hin zum „Malzeichen des Tieres“ – Teil 2

Bereits am 4. Januar 2010 hieß es in einem „Spiegel“-Artikel:

Konkurrenz für Gott

Eine Truppe von Biologen macht sich daran, das Leben neu zu erfinden. Sie nutzen die Gene von Tieren, Pflanzen und Bakterien als Bausteine, um neue Organismen zu schaffen. Das weckt Ängste: Maßt sich der Mensch an, das Handwerk des Schöpfers zu übernehmen?

Wenn demnächst die erste von Menschenhand gebaute Kreatur die Weltbühne betritt, dann werden einige der wichtigsten Bauteile aus Regensburg stammen.

„Das ist unsere Tagesproduktion“, sagt Biotechniker Marcus Graf und hebt behutsam drei Plättchen aus dem Kühlschrank, jeweils kaum größer als ein Bierdeckel. Nach viel sieht das nicht aus, aber es reicht, den Weltmarkt zu beherrschen. Denn Grafs Firma „Geneart“ betreibt ein Geschäft, bei dem auch kleinste Mengen kostbar sind: Sie produziert künstliche Gene.

Worauf es ankommt, erschließt sich erst dem zweiten Blick: In jede der Plexiglasplatten sind, in regelmäßigem Raster angeordnet, 96 winzige Näpfchen eingelassen. Und in jeder dieser Vertiefungen schwappt eine andere, ganz spezielle Mixtur.

Unterschiedlichste Abschnitte des fadenförmigen Erbgutmoleküls DNA sind es, die sich in diesen Töpfchen miteinander verknäulen, Text-Schnipselchen gleichsam, abgefasst in der Sprache der Natur. Geschrieben wurden sie, Buchstabe für Buchstabe, von Robotern in einer Lagerhalle am nordöstlichen Stadtrand von Regensburg.

Von Maschinenhand gesteuert, surren dort unermüdlich die Pipetten hin und her und mischen den Text-Salat zusammen. Meist sind die Roboter unter sich, nur ab und zu lässt sich ein Laborant blicken, um einen der Automaten zu betanken.

Täglich rund fünf Milliliter Bio-Text verlassen die Roboterhalle, verteilt auf knapp 300 Näpfchen. Doch noch besteht dieser Text nur aus kurzen Fetzen, noch scheint er keinerlei Sinn zu ergeben. Erst im Synthese-Labor der Firma „Geneart“, zehn Autominuten von der Roboterhalle entfernt, entfalten diese Textfetzen ihr wundersames Potential.

Denn hier werden andere Automaten mit den Plättchen gefüttert. Rund zwei Stunden lang setzen sie die Tinkturen in den Näpfchen einem raffinierten Wechselbad aus: Rauf geht die Temperatur und wieder runter, exakt gesteuert werden Enzyme zugesetzt. Und plötzlich erwacht in den molekularen Silben ein ihnen innewohnender Drang: Ganz von selbst setzen sie sich zu Wörtern und Sätzen zusammen. Es ist, als gebärte der Wort-Salat unvermittelt sinnvolle Gedanken. Es vollzieht sich ein Wunder, das allem Lebendigen auf Erden zugrunde liegt: Ein Gen entsteht.

Etwa 3000 künstliche Gene pro Monat werden im Labor der Firma „Geneart“ hergestellt. Forschungsinstitute auf der ganzen Welt, die US-amerikanische Gesundheitsbehörde, die Max-Planck-Gesellschaft, aber auch die Pharmaindustrie gehören zu ihren Kunden. „Praktisch jeder der großen Konzerne hat schon bei uns bestellt“, sagt „Geneart“-Chef Ralf Wagner. Und er hat allen Grund, stolz zu sein: Etwa jedes zweite Kunst-Gen weltweit kommt aus Regensburg.

In dem bayerischen Städtchen an der Donau lässt sich damit die Geburt einer neuen Industrie verfolgen. Und sie könnte durchaus das Zeug dazu haben, die Welt nachhaltig zu verändern. Denn die Firma „Geneart“ stellt einen Rohstoff her, aus dem schon bald künstliches Leben hervorgehen könnte.

Gerade einmal zehn Jahre ist es her, dass Ralf Wagner beschloss, etwas DNA zu bestellen, weil er daraus einen Impfstoff gegen AIDS machen wollte. Am Computer hatte er sein Wunsch-Molekül entworfen. „Dann“, sagt er, „dachte ich, ich geh ans Telefon und bestell es mir.“ Wagner irrte. Bald musste er feststellen, dass die Herstellung selbst kleiner Erb-Moleküle kaum möglich war: zu teuer, zu langwierig, zu unzuverlässig. Rund 20 Dollar kostete seinerzeit jeder einzelne DNA-Buchstabe, selbst kleine Text-Stückchen sprengten da rasch Wagners Etat. Deshalb beschlossen er und sein Mitarbeiter Marcus Graf, sich selbstständig zu machen. Geld zu bekommen war damals, in der Boomzeit des Neuen Marktes, kein Problem: „Es war ja die Zeit, als man sich bei den Risikokapitalgebern fast schon dafür rechtfertigen musste, wenn man Umsätze machte“, erinnert sich Wagner.

Wie auf jungen, dynamischen Märkten üblich, entbrannte rasch ein unerbittlicher Verdrängungskampf: Anfangs boten weltweit rund 30 Firmen künstliche Gene feil. Überlebt haben die heiße Wachstumsphase kaum mehr als ein halbes Dutzend. Und das Regensburger Start-up-Unternehmen ist mit Abstand das größte von ihnen.

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